Ulerl, geh heim

(Text in Originallänge, nur wenig an die heutige Sprache von Erika Eichenseer angepasst)

Holzfräulein-Geschichten

Holzfräulein, Hulzfraal, weise Frauen, leben in der Ehe mit einen Hulzharl, einem Holzherrn zusammen und bekommen auch Kinder. alle so klein wie sie auch. Sie helfen gern als Arme Seelen in ihren angestammten Häusern aus, aber man darf ihnen dafür nur geringen Lohn geben: einen Apfelbutzen, eine Fischgräte oder ein Kuchenbrösel. 

Ein Bauer ging wie gewöhnlich als Wilddieb auf den Anstand. Einmal lief ein kleines Ding auf ihn zu, er fing es auf und nahm es mit heim. Da hatte alles eine Freud mit dem kleinwinzigen Weiblein. Weil es aber wild tat, nahm der Bauer einen Strick, setzte es auf den Ofenhals und band es wie ein Hündlein an. Zwei Tage aß und trank es nichts, am dritten Tage fing es an, hungrig zu werden und ein wenig zu essen und zu trinken. Da kam ihr Herrl und rief ungeduldig: „Ulerl, geh heim, das Bulerl greint!“ Das Weiberl schwieg und weinte still. Tags darauf kam das Herrl wieder und sagte: „Geh heim, das Bulerl greint!“ Da sagte das Weiberl: „Ich kann nicht, bin angebunden.“

Der Bauer saß mit seinen Leuten beim Essen am Tisch und sagte zum Herrl: „Wir hätten sie schon losgelassen, aber sie sagt uns nichts auf alles, was wir fragen.“ - So sag ihnen alles, erwiderte das Männlein, »was sie fragen, nur drei Dinge nicht.“ – „Grad die wollen wir wissen,“ sagte der Bauer. Da schnitt das Herrl ein finsteres Gesicht und sagte: „Wie willst du nur die Dinge fragen, von denen du nichts weißt?“

Zum ersten: Wann der Bauer den Misthaufen anrühren soll, (Reichtum)

zum anderen: Was die Haare in der Bürste bedeuten (Liebeszauber)

und zuletzt, wozu der Hauswurz gut ist“ (Gesundheit).

Da lachte der Bauer und sagte: „Du kleines Zwergl, behalte deine Weisheit, wenn du nichts Besseres weißt, geh her und iss mit uns!“ Das Männlein bäumte sich und sagte: „Wärest du nicht so dumm, so würdest du fragen, wie aus dem Misthaufen Gold, aus dem Haar der Bürste Silber, und Gesundheit von der Hauswurz kommt.“ Er sprach's, lief davon und rief zurück: „Ulerl, geh heim, das Bulerl greint!“

Die Magd erbarmte sich des weinenden Weibleins, und sie sagte zum Bauern: „Lass sie los um ihres Kindleins willen!“ Der Bauer stützte seinen Kopf auf die Fäuste und sagte nichts. „Rede noch mal, Langhals,“ flehte das Weiblein zur Magd. „Na, so nimm halt den Strick ab,“ sagte der Bauer zur Magd. Sie tat es, da trat das Weiblein vor den Tisch und sagte: „Vergelts Gott für alles, was du Böses mir getan hast mit gutem Willen, hinfort wird Glück und Segen auf dir und deinem Haus ruhen und nimmer morsch werden.

Das Haus des Bauern steht noch, schon in der sechsten Generation, ein hölzernes schlechtes (schlichtes) Haus, so gut und fest wie alle steinernen Häuser daneben.

Fichtelberg ZA 203 557