Schönwerth in der Werteerziehung: am Beispiel der Märchen aus der Sammlung von Schönwerth

Märchen können einen Weg freimachen für Werte in die Seelen der Kinder. 2015 haben Teilnehmer des Forums für Bewusstseinskultur anhand von ausgewählten Märchen die Werte herausgefunden,die in den Geschichten noch versteckt sind.

Das Forum wurde von Prof. Dr. Thilo Hinterberger, Forschungsbereich Angewandte Bewusstseinswissenschaften, Abteilung für Psychosomatische Medizin, Universität Regensburg geleitet. Schönwerth Expertin Erika Eichenseer hat die Märchen ausgewählt, erzählt und mit den Teilnehmern diskutiert. Es war ein interessante Gesprächsrunde. Hier finden Sie die zusammengefassten Ergebnisse.

Die angeführten Märchen sind in Franz Xaver von Schönwerth: Prinz Roßzwifl und andere Märchen, herausgegeben von Erika Eichenseer, zu finden.

1 - Ungewissheitstoleranz

Hans Dudldee (S. 46)

Drei Söhne machen sich auf den Weg, ihr Glück zu suchen. Bald wird der Jüngste, der Dummling, von den Brüdern abgedrängt. Unentschlossen sitzt er am Ufer eines Sees, hungrig, freudlos, planlos.

Er muss mit der Ungewissheit fertig werden, sich in Geduld üben, den richtigen Zeitpunkt erkennen, die richtigen Entscheidungen treffen, Helfer aufspüren, auch wenn sie noch so hässlich erscheinen. Erst dann kann er darauf hoffen, zu einem Ziel zu kommen. Dieser Weg aber hat ihn umgewandelt, hat ihn aus dem Dasein der Selbstunterschätzung befreit und unabhängig gemacht.

2 - Anerkennungsabhängigkeit

Aschenflügel --> Text

Ein liebes, braves Waisenkind wird von seinen hässlichen Stiefschwestern und deren Mutter in die Enge getrieben und hungert nach der Anerkennung des Vaters.

Anerkennung kann man nicht fordern, man muss sie erringen. Oft ist das eine Spirale, die hinauf oder hinunter führt. Man muss sie durchbrechen wie hier mit Hilfe des kleinen Männchens, das dem Kind Schönheit und Selbstvertrauen schenkt.

3 - Genuss und Genügsamkeit

Das Daumennickerl --> Text

Der Kinderwunsch eines Bauernehepaares ging auf seltsame Weise in Erfüllung.

Über das Mittel der Freude, der Listigkeit und Lustigkeit darf dieses Kind unglaubliche Abenteuer bestehen. Es bleibt aber genügsam und kehrt frohgemut wieder in die armselige Umwelt der Eltern zurück.

4 - Humor und Heiterkeit

Der Plauderer (S. 245)

Ein einfältiges Bäuerlein ist seiner Frau allzu hörig und kommt in arge Bedrängnis.

Das Bäuerlein aber ist schlau, findet einen ungewöhnlichen Ausweg und kommt letztendlich als Gewinner aus der misslichen Lage.

5 - Respekt

König Goldhaar  (S. 17)

Der Kronprinz mit goldenen Haaren macht sich des Todes schuldig gegenüber seinem Vater.

Aus der ausweglosen Lage hilft ihm der Respekt vor dem Riesenmann, der ihn als ‚alter ego‘ die Werte des Lebens lehrt und somit zu seiner Verantwortung als künftiger König bereit macht.

6 - Authentizität

Das Portrait (S. 42)

Ein armes Waisenkinderpaar wird auseinandergerissen. Nur das Bildnis seiner geliebten Schwester bleibt dem Bruder in der Fremde.

Wieder ist eine böse Widersacherin im Spiel, wieder erschüttert die Frage nach der rechten Braut den Lebensweg der Kinder. Ein Spiegel erst verschafft Klarheit. Erst als er zertrümmert ist, kann die Wahrheit ans Licht treten.

7 - Freundschaft

Das starke Band (S. 69)

Ein junger Mann kommt wegen eines zauberischen Armbandes in arge Nöte.

Die Freundschaft mit hilfreichen Tieren befreit ihn vor tückischen Mordversuchen. Doch Freundschaft verlangt auch eine Gegenleistung: er soll die verwunschen Tiere aus ihrem Bann befreien.

8 - Fürsorglichkeit

Die verwunschene Krähe (S. 17)

Aus Dankbarkeit will sich die Jüngste von drei Schwestern einer Krähe vermählen.

Sie erleidet Schmach und Demütigung, bleibt aber der Krähe fürsorglich verbunden, gewinnt an Anerkennung und Beachtung und erlöst somit den verzauberten Krähenprinzen.

9 - Fehlerfreundlichkeit

Die goldene Bramasche (S. 38)

Die böse Stiefmutter verlangt von ihren ungeliebten Stiefkindern etwas Unmögliches.

Doch durch die scheinbar unmögliche Suche öffnet sich ein Tor, das letztlich zur Erlösung führt.

10 - Vergebungsbereitschaft

Der Höydl (S. 231)

Ein wandernder Handwerker ist zum Verbrecher geworden. Nur ein Gottesurteil kann ihm Vergebung signalisieren.

Seine Bereitschaft, für die Vergebung sein ganzes Leben umzukehren, hilft ihm zur Erlösung.

11 - Gelassenheit

Nicht zornig werden (S. 253)

Nur der dritte Bruder, der Dummling, überlistet den gierigen Pfarrer, weil er die Nerven bewahren kann. Wegen seiner Gelassenheit und Schläue trägt schließlich er den Sieg davon.

12 - Anspruchsrelativierung

Der Zaunkönig (S. 90)

Bei der Wahl des Königs der Vögel will sich der Zaunkönig durch einen Schwindel nach vorne drängen.  

Dieser hoffährtige Anspruch wird für alle weiteren Generationen bitter bestraft.

Märchen können einen Weg freimachen für Werte

in die Seelen der Kinder.