Das dumme Weib - Das Räuberlager

Sie waren nun gegangen, bis es Nacht wurde, und weil sie in einem Wald waren und sich nicht getrauten, auf der Erde zu schlafen, so stiegen sie auf einen Baum, machten die Türe in den Ästen fest und legten sich darauf.

Nicht lange darauf kamen Räuber und zündeten gerade unter diesem Baum ein Feuer an, setzten einen Kessel darüber und wollten Fleisch kochen. Die beiden Leute da oben auf dem Baum hatten aber große Angst, und die Frau geriet in große Not. Endlich fing sie zu ihrem Manne an: "O Mann, o Mann, ich muss Wasser lassen!" Da gab ihr der Mann erschrocken seinen Hut. "Denn," meinte er, "wenn die Räuber uns merken, so erschlagen sie uns." Gleichwohl ging etwas über den Hut hinaus und tropfte auf die Räuber hinunter. Da sagte einer davon: "Mach, dass wir fertig werden. Denn der Tau fällt schon." 

Das Weib aber lag nicht lange ruhig, denn plötzlich stieß sie ihren Mann in die Seite und vertraute ihm, dass sie noch größere Not habe wie vorher. Er gab ihr dann erschrocken seinen Schuh, um die Notdurft hinein zu verrichten. Sie tat es, aber gleichwohl ging etwas daneben und fiel unter die Räuber. Da meinte einer derselben, es sei hohe Zeit zu gehen. Schon erhebe sich das Morgengrauen und zwar so stark, dass die Butzelkühe (= Tannenzapfen) von den Bäumen fallen.

Nach einer Weile fing das Weib wieder an und sagte, sie könnte nicht mehr länger auf einer Seite liegen, sie müsse sich umkehren. Der Mann zankte wohl, aber es half nichts. Wie sie sich aber umkehrte, wurde die Tür los und fiel herunter und mit ihr die beiden, welche auf ihr gelegen hatten, und zwar mitten in die Räuber hinein. Da erschraken die Räuber und liefen in großer Angst davon und ließen alles liegen.
Die beiden Eheleute aber, als sie sich von ihrem Falle erholt hatten, packten zusammen, was die Räuber zurück gelassen hatten, darunter einige Beutel mit Geld, und kehrten, so reich geworden, wieder in ihr Häuschen zurück, wo sie nun genug zu leben hatten.

Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch.

In: Prinz Roßzwifl S. 245