Zwerge

Das Wort Zwerg lautet oberpfälzisch Zwargl. Im Südosten, am Böhmerwald, heißen sie Razen, Ratzeln, Schrazen, Schrazeln, Strazeln, an der Zott, einem Nebenflüsschen der Pfreimd auch Fankerln, und im Fichtelgebirge schließlich nennt man sie Hankerln.

Der Zwergenkönig

Ein Burgfräulein ging mit ihrer Amme am Wasser spazieren. Da tanzte vor ihren Augen ein spitzes graues Hütchen auf dem Wasser. Die Amme sah aber nichts. Sie ging nun öfter ans Wasser, und immer näher tanzte das Hütchen heran und war zuletzt vor ihren Füßen. Nicht lange, und das Hütchen setzte sich ihr auf den Kopf.

Nun ging sie einmal allein herab aus dem Schloss ans Wasser, wieder setzte sich das Hütchen ihr auf den Kopf, und da sie nahe am Ufer stand, glitten ihr die Füße aus, und sie sank hinab in die Fluten. Da aber nahmen sie die Zwerge auf und pflegten sie auf das Sorgsamste. Der König verliebte sich sogar in die schöne Jungfrau und bot ihr seine Hand an. Als er mit seinem Antrag zurückgewiesen wurde, bat er die Maid, sie möge nur bei ihnen bleiben. Er wäre schon zufrieden, wenn er sie sehen könne.

Und nun ließ er ihr einen großen Kristallpalast bauen und ging immer um denselben herum, nur um die Jungfrau zu sehen. Jeder ihrer Wünsche wurde erfüllt. Doch begann sie bald Langeweile zu haben und sich wieder auf die Erde zu sehnen. Auf ihr Verlangen brachten ihr die harmlosen Zwerge sogar das Hütchen, mit dem sie herabgefahren war. Sie setzte es schnell auf, und sogleich war sie auf dem Land, bedeckt mit dem schönsten Perlenschmuck, den ihr der Zwergenkönig zum Geschenk gemacht hatte.

 

In: Sitten und Sagen Bd. 2, S. 182 ff.,