Holzfräulein

Holzweiblein oder -fräulein sind ganz kleine Wesen, die nur mit Baum-Moos bekleidet sind und den Menschen unauffällig helfen. Ihre Feinde sind die teuflischen Holzhetzer aus der Wilden Jagd. 

Ulerl geh hoam

Märchen zur Holzfräulein-Sage

Der Bauer Deuzer aus Fleckl bei Warmensteinach ging wie gewöhnlich als Wilddieb auf den Anstand. Einmal lief ein kleines Ding auf ihn zu. Er fing es und nahm es mit heim. Da hatte alles eine Freude an dem kleinwinzigen Weiblein. Weil es aber so wild tat, nahm der Bauer einen Strick und setzte es auf den Ofenhals und band es wie ein Hündlein an.

Zwei Tage aß und trank es nicht, am dritten aber fing es an, hungrig zu werden und ein klein wenig zu essen. Da kam ihr Mann und schrie: "Ulerl, geh heim, das Bulerl (Kindlein) greint." Das Weiblein schwieg und weinte still. Tags darauf kam der Mann wieder und sagte: "Geh heim, das Bulerl greint!" Da sagte das Weiblein: "Ich kann ja nicht, bin angebunden."

Der Bauer saß mit seinen Leuten beim Essen am Tisch und sagte zum Holzmann: "Wir hätten sie schon losgelassen, aber sie sagt uns nichts auf alles, was wir fragen". "So sag ihnen alles", erwiderte das Männlein, "was sie fragen, nur drei Dinge nicht." - "Grad die wollen wir wissen" sagte der Bauer. Da schnitt das Männlein ein finsteres Gesicht und sagte: "Wie willst du um Dinge fragen, von denen du nichts weißt - zum Ersten: Wenn der Bauer den Misthaufen angreifen soll, zum andern, was die Haare in der Bürste bedeuten, und zuletzt: Wozu die Hauswurz gut ist." Da lachte der Bauer und sagte: "Du kleiner Zwergl behalte deine Weisheit, wenn du nicht besseres weißt, geh her und iß mit uns." Das Männlein bäumte sich und sagte: "Wärest du nicht so dumm, so würdest du fragen, wie aus dem Misthaufen Gold, aus dem Haar der Bürste Silber und Gesundheit von der Hauswurz kommt."

Er sprach's und lief davon und schrie zurück: "Ulerl, geh heim, das Bulerl greint!" Die Magd erbarmte sich des weinenden Weibleins und sagte zum Bauer: "Lass sie los, um ihres Kindleins willen!" Der Bauer stützte seinen Kopf auf die Fäuste und sagte nichts. "Rede noch mal, Langhals!" flehte das Weiblein zur Magd. "Na, so nimm halt den Strick ab" sagte der Bauer zur Magd. Sie tat es, da trat das Weiblein vor den Tisch und sagte: "Vergelt's Gott für alles, was du mir Böses mit gutem Willen getan hast, von nun an wird Glück und Segen auf dir und deinem Hause ruhen und nimmer morsch werden."

Das Haus des Bauers steht auch schon in der sechsten Generation, ein hölzernes schlechtes (schlichtes) Haus so gut und fest wie alle steinernen daneben.

 

In: Prinz Roßzwifl, S. 126