Gottesdienst am 125. Todestag von Franz Xaver von Schönwerth
am Freitag, 20. Mai 2011, 17.00 Uhr in St. Joseph
Zelebrant: Stadtpfarrer Pater Marinus Parzinger
______________________________________________________
Info im Pfarrbrief:
Franz Xaver von Schönwerth zum Gedenken
Gottesdienst am 20. Mai, 17.00 Uhr in St. Joseph
Vor 125 Jahren, am 24. Mai 1886, starb der Volkskundler, Sprachforscher, Sagen- und Märchensammler Franz Xaver von Schönwerth. Sein Grab befindet sich am Alten Nordfriedhof.
Der 1810 in Amberg geborene Oberpfälzer war zunächst Hofsekretär und Vorstand der Kabinettskasse, dann Generalsekretär und Ministerialrat am bayerischen Staatsministerium der Finanzen unter König Maximilian II. Sein Werk (u.a. „Aus der Oberpfalz – Sitten und Sagen“) begründete den Beginn der Volkskunde in der Oberpfalz.
Zum Gedenkgottesdienst lädt die Schönwerth-Gesellschaft ein. Die Messe wird musikalisch gestaltet vom Spitzweg-Quartett (ehem. Regensburger Domspaten) und dem Regensburger Bläserquartett. Dem Gottesdienst geht um 16.00 Uhr eine Kranzniederlegung am Grab (alter Nordfriedhof) voraus.
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer:(Röm 12, 1-2.9-18)
Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opferdarzubringen, das Gott gefällt; das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst.
Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt,was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist.
Eure Liebe sei ohne Heuchelei. Verabscheut das Böse, haltet fest am Guten! Seid einander in geschwisterlicher Liebe zugetan, übertrefft euch in gegenseitiger Achtung! Lasst nicht nach in eurem Eifer, lasst euch vom Geist entflammen und dient dem Herrn! Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet! Helft den Heiligen, wenn sie in Not sind; gewährt jederzeit Gastfreundschaft!
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes (15, 1 – 8):
In jenen Tagen sagte Jesus: Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt.Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe. Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen.Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.
Predigt
Zur Person: Franz Xaver von Schönwerth (1810 – 1886)
Vor 125 Jahren, am 24. Mai 1886, starb der Volkskundler, Sprachforscher, Sagen- und Märchensammler Franz Xaver von Schönwerth. Seiner gedenken wir heute. Er ist der bedeutendste Sammler von Sagen, Märchen, legenden, Schwänken, Sprichwörtern, von Brauchtum dun Volksleben in der Oberpfalz.
Kurz gefasst:
- 1810 in Amberg geboren
- 1832 beginnt er das Studium an der Bauakademie in München
- Nach 5 Semestern wechselt er an die Münchener Universität und studiert Jura.
- 1841 Nach bestandener Prüfung bekommt er eine Anstellung bei der Regierung von Oberbayern für den höheren Finanzdienst
- 1845 Privatsekretär des Kronprinzen Maximilian
- 1848 Nach der Thronbesteigung Maximilians II. Hofsekretär und Vorstand der Kabinettskasse
- Drei Jahre später wird er zum Generalsekretär und Ministerialrat am bayerischen Staatsministerium der Finanzen ernannt.
- 1854 Erste vorbereitende Arbeiten zu den „Sitten und Sagen“: Fragebogen über „Gegenstände, über welche gefällige Mitteilung erbeten wird an Gewährsleute in der Oberpfalz“
- 1856 heiratet er Maria Rath aus Neuenhammer bei Vohenstrauß.
- In den Jahren 1857 bis 1859 erscheinen die drei Bände: „Aus der Oberpfalz – Sitten und Sagen‘;
- 1866 wird er zum 1. Vorsitzenden des Historischen Vereins von Oberbayern gewählt.
- 1872: Aufsatz: „J. A. Schmeller und seine Bearbeitung der baierischen Mundarten mit Bezugnahme auf das Oberpfälzische“
- 1874 gab er die Sammlung: „Sprichwörter des Volkes der Oberpfalz in der Mundart“ heraus
- 1880 Eintritt in den Ruhestand
- 1886, 24. Mai: Tod Schönwerths; Beisetzung auf dem Alten Friedhof zu München.
Sein Werk (u.a. „Aus der Oberpfalz – Sitten und Sagen“) begründete den Beginn der Volkskunde in der Oberpfalz. Seine drei Bände widmete er seiner Heimat. Aufgezeichnet von den kleinen Leuten (Kutschern, Dienstboten…), die in München arbeiteten. Viel Material bekam er von seiner Frau und seinem Schwiegervater.
Man könnte sagen: es ging ihm wie Jesus Christus selber: Er kam zu den Seinen, aber sie nahmen ihn nicht auf.
Manche Zeitgenossen hielten ihn für einen Spinner, der sich mit Aberglauben abgibt. (die Intellektuellen des 19. Jh. wollten aufgeklärt sein, d.h. tendenziell atheistisch, wissenschaftsgläubig). Man dachte modern (industrielle Revolution, Errungenschaften der Wissenschaft…). Der Fortschrittsglaube hat in unserer Zeit einen deutlichen Knacks bekommen. Manche hießen ihn melancholisch, weil er die neue Entwicklung sehr negativ beurteilte. Aber seine große Sorge war, dass durch die technische Entwicklung viel von der ursprünglichen Kultur und Sprache verlorenen geht.
Heute können wir sagen: Schönwerths Einstellung hatte einen Weitblick. Heute würde man sagen: er dachte nachhaltig. Er sah, dass mit den überlieferten Formen auch Haltungen und Werte verloren gehen würden. Seine Einstellung ist gespeist aus seinem Glauben. Er hatte Ehrfurcht und Respekt vor dem, was uns gegeben ist (Tradition), er spürte seine Verantwortung gegenüber denen, die nach ihm leben.
Zur Lesung: Röm 12
"Angesichts des Erbarmens Gottes…", damit beginnt der dritte Teil des Briefes an die Römer. Er handelt von der rechten Lebensführung der Glaubenden. – Der rechte Gottesdienst (das Christsein) verwirklicht sich nicht allein in einer gottesdienstlichen Versammlung am Sonntag, sondern umfasst das ganze Leben.
Damit stehen wir mitten im Spannungsfeld unserer Zeit. Folgen wir jeweils der Mehrheit oder habe ich Standvermögen? Gilt die Position der Meinungsmacher oder habe ich eine eigene Überzeugung?
Mehrheit schafft nicht automatisch Recht! Bloße Anpassung nivelliert! Entscheidend ist doch, woran wir Maß nehmen. Damit wir bestehen können im raschen Wandel unserer Zeit, müssen wir das Ziel kennen, das wir anstreben.
Christlich ist: zu prüfen und zu erkennen, was Gott will, was gut ist. Konkreter geht es um Liebe, die wir einander erweisen, um gegenseitige Achtung. Und: Wir sollen Hoffnung haben und im beharrlichen Gebet mit Gott verbunden sein.
All das ist keine Leistung, die wir erbringen, sondern kommt aus dem Glauben – aus der Beheimatung in Gott. „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht“. (Jeremia) – Wenn ihr keine Wurzeln habt, dann werdet ihr mitgerissen vom Strom der Zeit.
Zum Evangelium
Zentrale Fragen – wir stellen sie nicht täglich, aber sie klingen mit:
- Woher komme ich und wohin gehe ich?
- Wo bin ich daheim, wo ist meine Heimat?
Jesus geht es darum, dass unser Leben gelingt. Im Bild vom Weinstock und den Reben sagt er uns: dass wir uns nicht isolieren dürfen, nicht trennen sollen von der Wurzel, die uns trägt. Wir sind Reben, Christus ist der Weinstock. In ihm bleiben, bedeutet: seine Botschaft und sein Leben ernst nehmen. Treu sein. Das Gute und Richtige nicht ablegen, nur weil es gerade Mühe macht oder unmodern geworden ist.
Transferversuch
Eine der spannendsten Fragen zielt auf das Woher und Wohin des Menschen. Die Antwort wird uns helfen, heute die rechten Entscheidungen zu treffen.
Der moderne Lebensstil, die Anforderungen der Berufswelt verlangen Flexibilität. Viele Möglichkeiten locken uns, darum legen wir uns nicht gern und auch immer später fest. Wir beanspruchen ein hohes Maß an persönlicher Freiheit. Das hat positive und negative Seiten.
Nichts Neues unter der Sonne!
so kritisch sah z. B. Kohelet seine Zeit. Die Menschen bleiben sich gleich.
- Individualisierung
- Säkularisierung
- Privatisierung
- Mobilität
- Vorrang der Ökonomie,
- vieles wird dem Profitstreben unterordnet Die Auswirkungen spüren wir allerorten.
Ich will nicht schwarz-weiß malen. Aber bisweilen verleugnen Menschen ihre Herkunft, schämen sich ihrer Wurzeln, ihrer Heimat und Sprache. Um sagen zu können, wer ich bin, muss ich doch meine Herkunft kennen; sagen können: Wo ich Wurzeln geschlagen habe.
Die Oberpfälzer hängen an der Scholle! – so wurde mir im Vorfeld dieses Gottesdienstes mehrfach versichert. Als sie auswanderten, um Arbeit zu suchen, wurden sie wegen ihrer verlässlichen Arbeit geschätzt.
Wovon lasse ich mein Leben bestimmen?
Ich erinnere mich gut an einen Satz im Religionsleistungskurs – Bereich Ethik. Die normative Kraft des Faktischen! – Fakten liegen auf der Hand, da braucht es keine Diskussion mehr. Das ist so. Das bestimmt unser Verhalten. Aber nicht nur.
Deutung des Lebens
Die Frage nach Sinn geht über das Faktische hinaus. Heut haben wir eine Dominanz des ökonomischen Denkens und wähnen uns in der Lage, unser leben im Griff zu haben. Fukuschima u.a. lehrt uns etwas anderes.
Wir spüren deutlich die Folgen unseres Lebensstils. Mit den erhofften Vorteilen sind auch Nachteile verbunden.
Ich bin kein Prophet: Aber ich bin überzeugt: Um nach vorn zu kommen, muss ich Anlauf nehmen.
Um die Zukunft zu bestehen, muss ich meine Herkunft kennen. (Auch wenn Lösungen nicht einfach in der Vergangenheit liegen.) Ich will nicht aus Prinzip gegen alles Neue sein und gegen den Strom der Zeit schwimmen.
Ich will mein Leben gründen auf ein gutes Fundament. Dazu gehört für mich der christliche Glaube. Ich will mir Ziele setzen, die mich locken. Ich will im Erinnern und Erzählen mir meiner Herkunft bewusst bleiben.
Franz Xaver von Schönwerth hat ein Erbe hinterlassen, das uns aufgegeben ist.
------------------------------------------------------------------------------------